Donnerstag, 31. Oktober 2013

Herrlich, höher, härter/great, higher, harder

so lautete das Motto der Premiere des

Gelita Heidelberg Trail Marathons 2013.




Ende Oktober endet für die meisten Sportler aus den Sommer-Ausdauersportarten, zumindest in unseren Breitengraden, die Saison. Wer Wettkämpfe bestreitet, für den wird, vor dem beginnenden Winter "abgerechnet". Wenn der Saisonabschluß zugleich den Saisonhöhepunkt darstellt, kann dieser Tag auch der Stichtag dafür sein, ob es ein sportlich gutes oder schlechtes Jahr war.

"Das Beste kommt zum Schluß!"

Manchmal ist das Leben wie eine Autofahrt-zuviel in den Rückspiegel zu blicken stört am schnellen Vorankommen und kann zusätzlich zu Problemen führen.

Mehrfach mußte ich im Saisonverlauf geplante Wettkampfteilnahmen verschieben, streichen und im "worst case", sogar Läufe aufgeben. Beim ersten Saisonhöhepunkt, dem Zermatt-Marathon, erzielte ich eine Art "mentale Bestleistung". Jedoch bestand diese darin, erst NACH der Ziellinie zusammenzubrechen und ZUVOR noch einen Top Ten Platz in´s Ziel "zu retten"! In gewisser Hinsicht ein persönlicher Erfolg, aber kein Tatsächlicher.
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Seit Ende Juli wohnte/arbeitete ich in der Schweiz (Grabs SG). Im Dreiländereck Schweiz, Liechtenstein, Österreich fand ich bestes Lauf- und Biketerrain vor. Meine Teilzeit-Arbeitsstelle verschaffte mir jedoch eher Vollzeit-Stress.. Darüber half auch die schönste Bergwelt ringsum oft nicht hinweg.  

Schlickeralm-Berglauf, Lech-Höhenhalbmarathon, Trailrun Löruns und Gargellen Berglauf dienten in erster Linie der Vorbereitung auf die Deutsche Meisterschaft im Berglauf. Diese fand Ende September, im Rahmen des Int. Hochfelln Berglaufes in Bergen/Chiemgau statt.

Um mit dem Ausspruch "dahoam is dahoam" auch verstanden zu werden, hiess es für "Deutsche und Bayerische" jeweils hunderte Kilometer zu/vom Hochfelln- und Jennerberglauf zurückzulegen. Der Vizetitel mit der Mannschaft bei der deutschen Berglaufmeisterschaft und Gold mit dem Team bei der "bayerischen Berg" (Jenner-Berglauf Schönau am Königsee/BGL) waren "die Reise wert", meine individuelle Leistung eher nicht..

Jeder einzelne der o. g. Läufe hätte eigentlich einen eigenen Bericht verdient. Aber Alles Schnee von gestern.

Lieber schreibe ich über den Schnee von Heidelberg, wenn auch Künstlichen. Damit hat es folgendes auf Sich:


1500 Höhenmeter, bergauf/bergab, verteilt auf die klassische Marathondistanz galt es, in einer der Stadt, die schier Alles zu bieten hat zurückzulegen, bzw. zu überwinden.

"Der härteste Stadtmarathon Deutschlands".

Wobei hart macht einen Lauf v. A. die Konkurrenz, denn die zwingt Einen dazu, hart an die Grenzen der psychischen und physischen Leidensfähigkeit zu gehen, bzw. bessergesagt zu laufen;-).

Der fünfache deutsche Berglaufmeister Timo Zeiler, der seine Marathonpremiere feierte, galt als Topfavorit. Zusammen mit Tobias Hegmann, einem erfolgreichen Ultratrail-Läufer und Marco Sturm bahnte sich schon vor dem Start am Sonntagmorgen ein spannender Rennverlauf an, so der Veranstalter.


"Just in time" bekam ich noch die (mentale) Kurve, nachdem mir in der unmittelbaren Wettkampfvorbereitungsphase noch ein paar "Steine im Weg lagen". Ich merkte am Vorwettkampftag, dass ich mich wieder "im Lot befinde". Die größten "Sorgen" waren nun, ob mich die mehrstündige Zugfahrt aus der Schweiz und der anschließende, kilometerlange Fußmarsch durch Heidelberg vielleicht zu sehr vorermüdet haben.

Die Wahl des Schuhmaterials beschäftigte mich bis zum Wettkampfmorgen: leichter Marathonschuh/schwach profiliert, oder ein richtiges "Trailgerät", mit dem man überall durchkommt, dafür aber mehr Gewicht und v. A. deutlich höheren "Rollwiderstand" in Kauf nehmen muß. Ich entschied mich für Letzteres, um genau zu sein den

SCOTT  KINABALU Shoe Scott T2 Kinabalu
die (gold-)richtige Entscheidung!

Selbst Gewitter und nächtliche "Gesangseinlagen" betrunkender Hotelgäste unterbrachen meinen guten/tiefen Nachtschlaf nur kurz. 

Das Wettkampf-Frühstück, 3 Stunden vor dem Start fiel, trotz des umfangreichen und appetitanregenden Frühstücksbuffets, knapp aus. Eine normale und eine Vollkornsemmel, dazu Marmelade "finitto", klar ein Kännchen Kaffee gehörte auch dazu. Eine Stunde vor dem Start noch eine Banane und 30min vorher noch ein paar BCAA´s (Aminosäuren). Die Kohlenhydratspeicher waren, durch eine abgeschwächte Form einer Saltin-Diät, gefolgt von drei Tagen "carboloading" bereits am Samstag "randvoll", übrigens auch Dank Dinkelkeksen, Muffins, Kuchen und dunkler Schokolade:-).  

Eine Stunde vor dem Start lief ich mich zusammen mit Timo und Mone kurz ein (ca 20min 5er Schnitt). Danach umziehen und letzte Vorbereitungen. Wie immer stellte ich mich erst "just in time", 3 Minuten vor dem Start an die Startlinie, man muß seiner Linie treu bleiben;-). 

Ein guter und schneller Start war mir nur deshalb wichtig, um mich aus einem möglichen Gedränge/Gerangel herauszuhalten. Nach der ersten Kurve lag ich vorne, gab jedoch die Führung sofort wieder ab. Erst 33 Kilometer später sollte ich Diese wieder übernehmen.

Die erste Rennhälfte lief ich ruhig und gleichmässig. Einige Male liess ich mich, teils geländebedingt (steilere Bergaufpassagen), oder durch Staffel-Läufer, zu kurzen Tempoerhöhungen hinreißen. Jedoch bremste ich mich jeweils schnell wieder bewusst ein. Teilweise hatte ich sogar das Gefühl, "zu langsam unterwegs" zu sein. Mehr Diesel als Turbo;-). Den Sichtkontakt zum Führenden, Timo Zeiler, verlor ich schon nach wenigen Kilometern. Größtenteils war ich während des gesamten Rennens, abgesehen von dem ein oder anderen Staffel-Läufer vor/hinter mir, alleine auf weiter Flur unterwegs.

Das Belastungsgefühl war, bis auf eine leichte Überhitzung/starkem schwitzen, da ich wegen dem Wetterbericht vorsichtshalber einiges an Wäremeöl und Vaseline aufgetragen hatte, (relativ) entspannt. Dies bot mir die Chance, Strecke und Natur zu geniessen. Die immer wieder schönen Ausblicke auf Heidelberg&Umgebung, sowie die Abwechslung des steten "bergauf&bergab" und die schöne Natur an Sich, lenkten, im positven Sinne, von der körperlichen Belastung ab.

Während Timo immer mehr nach vorne enteilte, hatte ich den Sieg zwischenzeitlich nicht komplett, aber so gut wie, abgeschrieben. Ich machte mir eher Sorgen darüber, dass mir "von hinten Gefahr droht". .

Ungefähr bei km 28 wurde mir ein Rückstand von gut drei Minuten auf Timo Zeiler mitgeteilt. Bei der Verpflegungsstation bei km 30 rief mir mein Trainer Wilfried zu, dass ich 3 Minuten zurückliege. Somit schenkte ich der nächsten Info eines Begleitradlers, dass der Abstand zum Führenden nur noch 30 Sekunden beträgt, zunächst keinerlei Glauben. Ich dachte, es handelt sich um einen vor mir liegenden Staffel-Läufer, die ja für die Einzelwertung keine Rolle spielten.

Doch als ich bei km 33 tatsächlich Timo vor mir erblickte, war ich mehr als erstaunt. Schnell schloss ich zu ihm auf. Ich lief kurzzeitig an seiner Seite, versuchte ihn noch dazu motivieren, mit mir mitzugehen. Leider war er aber absolut am Limit und dazu heute nicht in der Lage. Um der Gefahr zu entgehen, von den Verfolgern eingeholt zu werden, beschleunigte ich wieder in meinen eigenen Rhytmus.

Mehr noch, kurz darauf, bei km 35, dem Beginn der "Himmelsleiter", stürmte ich hinauf, als wäre es ein Berglauf und das Ziel am Ende des Anstieges auf den Königsstuhl. Bis dort hinauf, lagen einige hundert Treppenstufen und 200 Höhenmeter "im Weg". Vorbei war es nun mit Taktik und Zurückhaltung. In einem Wechsel aus Lauf und Berggang lief/ging ich an/über mein absolutes Limit. Eigentlich wollte ich nur bis maximal neunzig Prozent belasten. Dies v. A., um den abschließenen Downhill ohne übermäßige Ermüdung und damit Sturz- und/oder Verletzungsgefahr "zu nehmen". Jedoch war ich mir nicht sicher, ob Timo nicht doch noch "die zweite Luft bekommt" und aufholt. Deshalb das Himmelsfahrtskommando an der Himmelsleiter-"Vollgas":-)  

Die Stufen-Markierung im 50m countdown-Abstand bewirkte, dass man das Gefühl hatte, die Stufen endeten nie und der Anstieg ziehe sich endlos. Oben auf dem Königsstuhl, hoch über Heidelberg gelegen, angekommen, erwartete mich dann, es schien eine Halluzination zu sein, Schnee. Wobei dafür nicht der Wettergott, sondern ein Einfall eines Veranstaltungsponsors verantwortlich war.

Jedoch stellte dies für mich eher ein Kuriosum, als eine Schwierigkeit dar. Wirklich schwierig war es, sich mit völlig übersäuerten Beinen und einem Kreislauf "am Anschlag", in eine äussert anspruchsvolle Bergab-Trailpassage, man kann es durchaus so bezeichnen-zu stürzen.

Durch meine "Gewaltaktion" bergauf baute ich meine Führung in Kürze sogar um mehrere Minuten aus. Das war mir ebenso wenig bewußt, wie die dramatischen Positionskämpfe hinter mir. Durchaus mit Risiko liess ich es bergab laufen wie in guten alten Zeiten in einem Mountainbikerennen. Allerdings kann man auf dem Bike nicht mit dem Fuß umknicken.. Das passierte mir, ausgerechnet in einem Moment, in dem ich an meinen Zieleinlauf als Sieger dachte. Meine Unkonzentriertheit mußte ich mit einem stechenden Schmerz bezahlen. Ein paar Meter sprang ich nur auf einem Bein dahin. Ich befürchtete das Schlimmste "Bänderriß?!"  Trotzdem weiter, mehr oder weniger "einseitig" laufend. Das Gute im Schlechten war, dass der starke Schmerz langsam durch einen erträglicheren Schmerz abgelöst wurde. Jedoch war die Selbstsicherheit dahin und der Schock saß tief. Zudem rächte sich schnell die Fehlstellung durch die Entlastungs-Lauftechnik. Es kam zu Krämpfen in Wade und Arm, jeweils nur an der "ausgleichenden Seite". Ich leistete mir dadurch etliche Fehltritte und knickte sogar an einer Stelle, wenn auch deutlich weniger gravierend, erneut um. Das Seitenstechen zum Schluss war im Vergleich dazu "peanuts". Irgendwie kam ich aber scheinbar trotzdem noch ziemlich gut herunter. Das belegte der weitere Ausbau meines Vorsprunges in der Nachanalyse "schwarz auf weiss".

Das 12 Uhr-Läuten der Kirchenglocken verkündete mir, dass ich die 3 Stunden-Marke nicht ganz knacken konnte. Ohne meine Verletzung, die mich heute, ein paar Tage später noch daran erinnert (Knöchel noch geschwollen), wäre das sicher "kein Problem" gewesen.

Jedenfalls fielen gefühlte Zentner an Ballast nach einem, bis dato, in vielerlei Hinsicht, schlechtem Jahr ab. Ich glaube, das Foto sagt mehr als tausend Worte:


 Erstaunlicherweise war ich, abgesehen von meiner malträtierten Muskulatur, relativ fit nach dem Zieleinlauf. Die Nachermüdung kam diesmal eher schleichend, wirkt weiterhin deutlich nach. Aber das positive Gefühl des Erfolges überwiegt alles Andere.   


Die Atmosphäre am Streckenrand war phantastisch, die Organisation toll und die Strecke bot für Jeden Etwas.Wenn jemand in diesem blog Passagen zur historischen Bedeutung von Heidelberg vermißt, dann lohnt sich z. B. die Heidelberg-Sonderausgabe des Merian:-). Mein post spiegelt auch ansonsten eher mein Innenleben, als das allgemeine Renngeschehen wieder. Mehr "Objektivität;-))" hält  z. B. folgende Seiten bereit:

http://www.germanroadraces.de/24-0-36366-gelita-trail-marathon-heidelberg-taktische-meisterleistung.html

und von meinem coach, Wilfried, der sich auch ein wenig von der Erfolgseuphorie hat mitreißen lassen:-))):

http://www.germanroadraces.de/files/bp_news/36/36366/doc/alles-was-das-laeuferherz-begehrt-rhein-neckar-zeitung.pdf

Fernsehbericht:
http://www.rnf.de/mediathek/video/kampf-gegen-elemente-der-gelita-trail-marathon-in-heidelberg/#.UnJ29FMlh8N

keep on (trail-)running you guys :-)!!!







2 Kommentare:

  1. Hallo Marco,
    toller Bericht, verdienter Sieg. Abgerechnet wird halt zum Schluss: Herzlichen Glückwünsch!

    Ich habe diesen Blog direkt nach den Rennergebnissen, die ich am Sonntag verfolgt habe gefunden und seitdem immer mal reingeschaut. Schön jetzt den persönlichen Bericht lesen zu können.
    Ich habe mir fest vorgenommen nächstes Jahr mitzulaufen und um eine 4 Stunden Zeit zu kämpfen :-)

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  2. back on track....marco, es freut mich, dass es dir besser geht und du wieder performen kannst. geniesse den erfolg und erhole dich gut. 2014 bietet wieder viele aufgaben. auf diese können wir uns gemeinsam im schönen rheintal vorbereiten...keep on running ! gruass ralf

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