Donnerstag, 11. Juli 2013

back!



Lange Nichts von mir gehört?!

Jemand vermeldete meine Rückkehr in das Wettkampfgeschehen gar als
"wieder aufgetaucht".
Dabei bin ich nie wirklich
"untergetaucht":-)


Jedenfalls bin ich definitiv "wieder da"!:

Zermatt Marathon am 6.7.2013

Während sich mein (Lauf-)Frühjahr eher unter dem Motto "außer Spesen nix gewesen" präsentierte, war der Zermatt-Marathon, mein erster Saisonhöhepunkt 2013, in Anbetracht meiner Probleme im Vorfeld, ein persönlicher Erfolg.

Kurzer Blick in den Rückspiegel: nach zwei vorzeitigen Wettkampf-Ausstiegen hintereinander (Ende April Bayerische Halbmarathon-Meisterschaft und Ende Mai Gamperney-Berglauf), jeweils aus gesundheitlichen Gründen, war der Tiefpunkt erreicht. Nachdem mir auch die Ärzte nicht weiterhelfen konnten, tat es letztendlich eine Physiotherapeutin. Sie diagnostizierte eine muskuläre Dysbalance zwischen linkem und rechten Bein.

Behoben habe ich das Problem nicht mit Physiotherapie, sondern im Gelände. Im Juni trainierte ich fast ausschl. auf Trails, dem natürlichsten "Fitnesscenter" der Welt:-).

Klar, dass meine Vorbereitung auf den Zermatt-Marathon nach dem eingeschränkten Training der Vormonate eine Kompromißlösung darstellte. Eine klassische Marathonvorbereitung soll i. d. R. 3 Monate andauern und nicht, wie bei mir, nur 3 Wochen.

Sei´s drum, die letzten drei Juni-Wochen hatten es dafür in Sich! Selten habe ich, wenn auch größtenteils im ruhigen Belastungsbereich, mehr Höhenmeter in einem Monat bewältigt. Leider kam mir in der vorletzten Woche vor dem Bergmarathon erneut ein grippaler Infekt "in die Quere". Dieser klang zwar in der Rennwoche langsam ab, beeinträchtigte aber doch einige entscheidende Trainingseinheiten. In der Wettkampfwoche reduzierte ich, den Trainingsumfang drastisch. Sicherheitshalber führte ich auch keine, wie sonst übliche, Vorbelastung mehr durch. Ein individuell modifiziertes Marathontapering also.

Insgesamt knapp 2000 Starter (inkl. Staffelteilnehmer) stellten sich der Herausforderung des Zermatt-Marathons am schönsten Berg der Welt (so heißt´s auch offiziell;-), dem Matterhorn. Eigentlich wollte ich die erste Rennhälfte defensiv angehen. Auch, weil ich in der Vorbereitung wenig Tempohärte, dafür umso mehr gemäßigte Kraftausdauer am Berg und Grundlagenausdauer trainiert hatte. Leider überwogen Adrenalinspiegel&Anspannung alle Vernunft. Ich überzog auf den ersten 21 Kilometern zwar nicht maßlos, aber gerade die paar Prozent zuviel, die sich im weiteren Rennverlauf, als Zeitverlust, regelrecht in Minuten multiplizierten! 

Die ersten, lediglich welligen 16 Kilometer, rannte ich, mit gefühlt lockeren Beinen. Dabei "drückte" ich die kurzen/kürzeren Wellen relativ (zu) flott durch. Bei km 12 riß ich sogar kurzzeitig mit dem späteren kenianischen Sieger aus. Ein kurzer Blick auf den Pulsmesser "183"-ließ dann doch die Vernunft walten und Paul Michieka alleine nach vorne ziehen. Kurz darauf schloß mein Scott-Teamkollege, Gerd Frick zu mir auf. Wir liefen eine ganze Weile als Duo gemeinsam, bis wir den ersten anspruchsvolleren Streckenabschnitt, kurz vor Zermatt, erreichten. Auf dem ca. 3 Kilometer langen Bergtrailabschnitt machte mir die starke Sonneneinstrahlung erstmals deutlich zu schaffen. Ich bekam Mühe, meine Schritte im technisch schwieriger zu belaufenden Gelände richtig zu setzen. Zudem ereilte mich ein starkes Durstgefühl, das sich im weiteren Rennverlauf zunehmend verstärken sollte. Schnell fiel ich vom vierten auf den sechsten Platz zurück.

Nach dem Verlassen des Trails folgte eine längere flachere Passage durch Zermatt. Die Halbmarathonmarke passierte ich dort noch an Sechster Stelle liegend. Vor Beginn der ersten langen Steigung zur Sunnegga konnte ich sogar noch den Franzosen Dupont (späterer Drittplazierter) überholen und zum Ukrainer aufschliessen. Mein Scott-Teamkollege Gerd Frick, der wie ich auf den SCOTT T2 EVO http://www.scott-sports.com/global/de/products/2285161300012/shoe-scott-t2c-evo-yellow-blue-110-us/ setzte, war zu diesem Zeitpunkt schon weit nach vorne enteilt. Er war als Einziger in der Lage, annähernd auf dem Niveau des kenianischen Siegers zu laufen und finishte die 42km und 1900hm, mit nur 3min Rückstand als Gesamtzweiter-Gratulation!

Um mich war es schon zu Beginn des Anstieges "geschehen". Ich merkte sofort, dass es noch ein sehr, sehr langer und v. A. harter Weg bis in´s Ziel werden würde.. Die Wärme/Sonneneinstrahlung machte mir sehr zu schaffen und das Laufgefühl war äußerst zäh. Ich verlor auf den Kilometern hinauf zur Sunnegga etliche Minuten und mehrere Plazierungen. Ich hoffte aber, nach der Steigung, auf dem oberen Bergab&Flachabschnitt, wieder Boden gutzumachen. Jedoch war "oben" das Gegenteil der Fall. Das Durstgefühl wurde immer unerträglicher und mein Allgemeinzustand zunehmend schlechter. Meine Gedanken kreisten fast ausschl. um "Wasser" und die nächste Getränkestation. Ja, eigentlich wollte ich an jedem Rinnsaal, Bach und Quelle haltmachen.. Das, obwohl ich von Rennbeginn an regelmäßig&reichhaltig Flüssigkeit zuführte! Was ich ab der Streckenhälfte in mich regelrecht "hineinschüttete", kann man nur noch als "saufen" bezeichnen. Teilweise 5 Becher hintereinander kippte ich hinunter, aber es half Alles Nix. In der letzten Rennstunde kapitulierte dann auch der Magen ein wenig.

Nachdem mich am schweren Schlußanstieg über 2,5km/400 Hm, von der Riffelalm zum Riffelberg, ein Läufer nahezu "überflog", war ich auch mental am Ende. Zumal ich glaubte, nun auch noch meinen zehnten Platz, mein absolutes Minimalziel, verloren zu haben. Jedoch bekam ich bald "gute Nachrichten" vom Streckenrand. Dort stand David Borrmann, Scott-Produktmanager und an diesem Tag mit Abstand mein "wichtigster Helfer". Seine Info, dass es sich bei dem "Flieger", um einen Staffel-Läufer handelte und ich weiterhin Gesamtzehnter bin, half sehr. Zudem erhielt ich "Scott sei Dank;-)" eine Wasserflasche von ihm, so dass mein innerer Kampf "Geist vs. Körper" noch zugunsten meines Willens ausging.. Es bewegte sich tatsächlich auf Messer´s Schneide, ob ich das Ziel noch erreichen würde. Die Dehydration war soweit fortgeschritten, dass ich öfters stolperte, Orientierungsschwierigkeiten hatte und mir auch schwindelig war.


Irgendwie realisierte ich noch, dass sich von hinten ein Läufer näherte. Mir war garnicht bewußt, dass ich dann auf den letzten paar Hundert Metern das Tempo forcierte. Der spätere Elftplazierte, von Allmen, erzählte mir mich nach dem Rennen, dass er auf dem Schlußkilometer glaubte, mich gleich überholen zu können. Allerdings erhöhte ich ich, für ihn sehr überraschend (zumal ich wohl ziemlich "fertig" aussah..) noch einmal das Tempo. Somit erkämpfte, bzw. rettete ich, meinen zehnten Platz in´s Ziel. Der Zeitrückstand, v. a. auf die Erstplazierten, ist zwar enorm, andererseits war diesmal die Besetzung in den Top Ten sehr gut. Beispielsweise befanden sich zwischen Platz 1 und 10 acht unterschiedliche Nationen, inkl. Kenia, Neuseeland und der Ukraine. Elias Sansar, u. a. 2:20 Marathonläufer und Top Ten Finisher beim Jungfraumarathon, wurde knapp 3 Minuten vor mir, Neunter und damit bester Deutscher. Mit 3:24:49 erreichte ich immerhin eine Zeit, die auch in den Vorjahren, stets zu einer Top Ten Plazierung gereicht hätte.

Nachdem ich die Ziellinie überquerte, wollte ich nur noch schlafen und trinken. Zugleich traf mich/meine Beine eine enorme Schwäche. Ich war nicht mehr in der Lage, mich aufrechtzuhalten. Schnell wurde ich medizinisch per Infussion und Sauerstoff versorgt und mir Getränke eingeflößt. Es dauerte einige Zeit, bis ich mich wieder als "Herr meiner Sinne und meines Körpers" bezeichnen konnte. Die  Dusche danach, im Duschzelt, stellte für mich dann quasi den Wert eines Wellnesswochenendes dar. Erstmals seit Stunden, war ich danach wieder in der Lage, die wunderschöne&einzigartige Bergwelt zu genießen. Zugegebenerweise habe ich Diese, während des Laufes, spätestens ab km 28, garnicht mehr wirklich wahrgenommen..

Mit Elias Sansar, Martin Cox und Gerd Frick tauschte ich noch diverse "Berglauf-Erfahrungen" aus, so dass es neben dem Naturerlebnis, noch ein recht unterhaltsamer Nachmittag wurde. Abends, als ich zum erstenmal nach dem Frühstück wieder Festes zu mir nehmen konnte, wurde es gar gesellig, zumal unser Scott-Mann vor Ort, David, mich und Gerd Frick noch zum Italiener und danach in eine nette Bar einlud, bella signorinas inklusive;-). Gerd überzeugte dabei mit seinen, für einen "Deutschen" (insider-Gerd weis, was ich meine;-) hervorragenden, Italienischkenntnissen;-). Meine, erst kürzlich erweiterten, Kisuaheli-Kenntnisse sind dagegen in Europa nur sehr eingeschränkt nützlich:-)..

Am Sonntag "wisperte" ich noch ein wenig mit/an der durch Zermatt führenden "Vispa", entlang. Aber nach 20 Minuten war es dann auch schon wieder gut. Nachdem ich ausnahmsweise mal länger ausschlief, rannte mir die Zeit bis zur Schließung des Frühstücksbuffet davon. Im Gegensatz zum Vortag sollte ich zumindest diesen "Kampf gegen die Uhr" gewinnen:-).       

Anschließend reihte ich mich in die Herde der Touristen in der Gornergratbahn ein. Ausnahmsweise bequem und ohne Anstrengung/Muskelkraft erschloß sich mir ein Berggipfel. Der Gornergrat, auf 3000m Höhe, bot eine herrliche Aussicht auf 20 Viertausender.

Die Heimreise führte mich, wie so oft, nach Grabs. In der Südostschweiz legte ich Sonntagnacht einen "Boxenstopp" ein. Immerhin würde die Bahn-Heimreisezeit, Zermatt-Neuötting, ohne "stopover", knapp 17 Stunden betragen.. Wobei der ukrainische Läufer, der in Zermatt Siebter wurde, darüber wohl nur lächelt. Vielleicht sitzt der immer noch im Zug;-)

Fazit: in Anbetracht der alles andere als optimalen Rahmenumstände, eine solide Leistung, auf die ich im weiteren Saisonverlauf aufbauen kann. Die Regeneration steht nun an erster Stelle. Weniger ist mehr, dann auch was die Höhenmeter betrifft. Zumindest geographisch stellen sich mir diesbezügl. wenig Hindernisse in den Weg. Die höchste Erhebung weit und breit steigt 100 Höhenmeter an. "Vor der Haustür" ist das Land weit&breit so platt wie die norddeutsche Küste. Der Berg muß schon sehr laut sein, damit ich ihn aus den 50 Kilometer Luftlinie entfernten Chiemgauer&Berchtesgadener Alpen, rufen höre;-). Ende Juli wird es wieder heißen der Berg(lauf) ruft!  

Last but not least, herzlichsten Dank an dieser Stelle an den besten schweizer Läufer am Matterhorn, Ralf Birchmeier (4.)! Der auf dem letzten Streckenabschnitt schnellste Läufer (chapeu!) schenkte mir seinen Kategoriepreis. Somit sind einige "Raclettekäseabende" gesichert!

Infos&Ergebnisse:
 http://www.zermattmarathon.ch/