Mittwoch, 15. Oktober 2014

Zwischenzeiten

Zwischenzeitlich ist viel passiert, was gestern war ist heute schon wieder Historie. Trotzdem blättere ich den Kalender sogar auf "vorgestern" zurück. Mitte August, Amerika, Colorado, Manitou Springs, Pikes Peak "EPIC" mein englisches Lieblingswort gibt mein "Abenteuer USA" in einem Wort wieder. Nach der Berglauf Langdistanz WM legte ich nicht die Beine hoch, höchstens meinen blog "auf Eis":-). Ein paar unschöne Dinge im unmittelbaren sportlichen Umfeld verdarben mir eine Zeitlang die Lust am Schreiben. Shit happens.. Mittlerweile ist "Gras drübergewachsen", aber bevor "Schnee drüber" liegt, texte ich noch ein wenig, was sich bei mir ab dem Spätsommer getan hat. 2 Stunden und 22 Minuten Laufzeit-eine großartige persönliche Marathon(best-)zeit für mich. Zugegeben, schaffte ich "nur" einen Halbmarathon in dieser Zeit, aber eben DEN auf DEN Pikes Peak. Platz Dreizehn in der WM-Einzelwertung und die WM-Bronzemedaille mit der Mannschaft würde ich aber nicht gegen einen schnellen Marathon, auch nicht in 2:22 "eintauschen" wollen! Zumal ich nach einem flachen Straßenmarathon zwei Wochen danach nicht in der Lage gewesen wäre, einen Trailmarathon zu absolvieren. Im Gegensatz zum Pikes Peak ascent führte die Strecke dabei zwar "nur" bis auf 3800m Höhe hinauf, aber dafür wartete ein kompletter und nicht "bloß ein halber" Marathon auf mich. Das, sowohl bergauf, als auch bergab - welcome to the Breckencrest Trail Marathon. Nach dem Start in Breckenridge (auf 3000m über Nn!) und einem mörderischen Starttempo (v. A. wenn man erst 1,5h zuvor aufgestanden ist und die Nacht im Freien unter dem Sternenhimmel verbracht hat) führte die Strecke anfangs mäßig steigend, später steil hinauf zum Gipfel des ersten Berges. Nach einer "gemütlicheren" Anfangsphase, in der ich mich, auch wegen einem kurzen "Boxenstopp" in den Büschen (1 Std. vor dem Start Frühstück nicht optimal..;-)gerade mal so unter den top ten befand, schaltete ich, mit Beginn des ersten steilen Trails, einen Gang höher. Ich überholte Teilnehmer um Teilnehmer, bis ich (glaubte..) in Führung zu liegen. Oberhalb der Baumgrenze tobte ein heftiger Schneesturm. Ich war froh, dass ich vor dem Start kurzfristig entschied, meine Scott-Windbreakerjacket mitzunehmen-absolut Gold wert-alleine schon die Kapuze! Allerdings fror trotzdem fast meine "windseitige" Gesichtshälfte, gefühlt fast ein-leichte Schläge in´s Gesicht halfen.. Es war auch schwierig auf dem ausgesetzten Kamm/schmalem Pfad, dass Gleichgewicht zu halten, immer wieder erfaßten mich Windböen. Auf dem Gipfel schnappte ich mir nur einen Becher Gatorade. Es erwartete mich ein technisch anspruchsvoller Downhill über mehrere hundert Höhenmeter. Alleine schon wegen den schlechten Sichtverhältnissen riskierte ich Nichts und war zugegeben auch etwas verunsichtert. Prompt kam von hinten Jemand an mich heran. Gut, dass der nächste Anstieg, erneut wieder auf Höhen bis 3800m, nicht allzu lange auf sich warten ließ. Bergauf konnte ich mich wieder entscheidend von meinem Verfolger absetzen. Zwischenzeitlich war ich auch froh, dass meine SCOTT-Racerockets wie angegossen saßen, schließlich versank ich das ein oder andere Mal knöcheltief im Schlamm. Am zweiten, dem letzten langen Anstieg, erkundigte ich mich, eigentlich nur zur Sicherheit, nach meiner Plazierung. Statt "first" hörte ich "third", ich glaubte mich verhört zu haben, aber auf Nachfragen folgte ein erneutes "third". Rückstand? "some minutes"-Frust pur, am liebsten hätte ich gleich die Abkürzung in´s Tal genommen, bzw. auf die Halbmarathonstrecke "umgesattelt". Jedoch stellte ich schnell auf den "fightmodus" um, schließlich war ja noch nicht "aller Tage Abend". Der Downhill der nun aber folgte, hatte es wirklich in Sich! Steile, felsige Abschnitte wechselten sich ab mit schlammig/wurzeligen Passagen. Ich wunderte mich, dass man selten Strecken- oder Sanitätsposten sah, aber im Amiland sieht man solche Sache gelassener "no risk, no fun":-). Zugegeben war ich zu feige an diesem Tag für "too much risk", zumal ich auch keinerlei Angaben über meinen Zeitrückstand erhielt. Ein heftiges Umknicken meines Fußes war eine Art Warnung, nicht unnötige Risiken einzugehen. Kilometer-/Meilenangaben fehlten völlig, genauso wie eine lt. Plan vorhandene Verpflegungsstation bei km 30. Deutliche Anzeichen eines Hungerastes bahnten sich an. Eine Verpflegungsmöglichkeit war weiterhin nicht in Aussicht. Deshalb nahm ich vorsichtshalber "Tempo raus", auch um meinen Podestplatz nicht zu gefährden. Auf den letzten 6 Kilometern stand nur mehr welliges Terrain, ohne größere Steigungen an. Trotzdem mußte man höllisch aufpassen-unzählige Wurzeln, Kurven, Schlammpassagen und Wasserdurchquerungen verlangten volle Konzentration-TRAILmarathon eben! Im Gegensatz zu den Berggipfeln fiel statt Schnee nur Regen, wie angenehm;-). Von Hinten kam "keine Gefahr" mehr und nach Vorne hatte ich die Hoffung längst aufgegeben. Das Ziel überquerte ich dann auch, bis auf "Hunger und Durst" (gesamte WK-Verpflegung drei 1/3 gefüllte Becher Gatorade), in Anbetracht eines Marathons, relativ "locker". Es stellte sich heraus, dass ich tatsächlich Gesamtzweiter wurde. Der vermeintliche "Zweite" stellte sich als mein Lauf-Freund Zach Miller heraus. Er lief den größten Teil des Marathons als Trainingslauf, ohne Startnummer und legte auch schon vor dem offiziellen Start los. Sieger wurde ein international erfolgreicher Skitouren-Rennläufer der auf 3300m Höhe lebt und trainiert, wenn das kein Heimvorteil ist:-) Unerwartet schnell erholte ich mich von diesem Lauf. Ja, es fühlte sich an, als wäre es nur eine von vielen (harten&langen) Trainingseinheiten gewesen. Solche Wettkämpfe würde ich mir öfters wünschen. Dann könnte ich quasi jeden Monat "nen Marathon" absolvieren ohne "plattzugehen". Im Training lief ich die Woche nach "Breckenridge" bereits über 200 Kilometer, dabei auch einen (Abenteuer)lauf über 45 Kilometer, inkl. Canyondurchquerung. Allerdings ist das Alles Nichts im Vergleich zu dem, was mein Laufkollege Brandon tat. Zusammen mit seinem Laufspezl Gavin bewältigte er das Projekt "Nolens 14". 14 Berge mit jeweils 14.000 Fuß Höhe (als jew. über 4000m über Nn) in weniger als 70 Stunden. Unterwegs begleitete und betreute ich ihn auch mal. Da dies am Vortag meines Trailmarathons war, allerdings nur auf kurzen Teilstrecken. Sein mehrköpfige Supporterteam war dagegen Tag&Nacht zu verschiedenen Hotspots unterwegs und baute Zwischenstationen zur Regeneration und Verpflegung für die beiden Helden auf. Sogar Anna Frost aus Neuseeland, eine der weltbesten Bergläuferinnen war "part of the crew" und pacte das Duo auch zeitweise. Pacing ist dabei allerdings mehr als mentale Komponente zu verstehen, zumal "Tempo" von "durchhalten und nicht einschlafen" ersetzt wird. Zurück zu meiner eigenen "Story": Mein Colorado-Aufenthalt paßt in keine "Schublade", weder Trainingslager, noch Abenteuerurlaub werden dem Ganzen als Bezeichnung gerecht, eher eine Mischung aus Beidem:-)! Nach der Trennung von meinem coach Wilfried Raatz, unmittelbar nach der WM war&bin ich seitdem mein eigener Trainer. Jedoch habe ich mich, wider besseren Wissens, auch in manches (Trainigs-)abenteuer eingelassen. So absolvierte ich z. B. mal mit Zach die "refrigiator"-Runde.. Eine Autostunde von Manitou Springs entfernt, warnten am Wanderparkplatz schon große "wilderness area" mit allen möglichen Sicherheitshinweisen. Auch eine Ausrüstungsliste, Gefahrenhinweise vor Wildtieren usw. usw. Aha. Nun meine Ausrüstung bestand immerhin aus Wasserflasche, Riegel und Gel. Zach hatte bis auf Wasser Nix mit. Wir prägten uns vor dem Start zu unserer Ultrarunde auf der Karte noch den Streckenverlauf ein-bloß keinen unnützen Ballast=Karte mitnehmen. Es war sehr warm und schon von Beginn an floß der Schweiß. Nach 3 Stunden (flotter!) Laufzeit mußten wir einen Canyon durchqueren. Das Wasser stand uns zwar nicht bis zum Hals, aber bis über die Hüften hinaus.. Nach über fünfeinhalb Stunden, ca. 3000 Höhenmetern und 45 Kilometern waren wir wieder zurück. Ich fühlte mich "platter" als nach Pikes Peak Ascent und Breckencrest Trailmarathon.. ouch.. Bei einer anderen Lauftour, auf den Cameron Cone, nahe dem Pikes Peak, verlief ich mich und verlor den Anschluß zur Gruppe, in der sich u. a. Joe Gray, der beste amerikanische Bergläufer befand. Erst nach einer Stunde abenteuerlichem "querfeldein-wandern&klettern" fand ich, auch dank "GPS-back to start-Navigation" wieder auf einen Trail.. Zuhause angekommen, nach fünf Stunden, ca. 2000 Höhenmetern und 40 Kilometern in den Beinen, verschwendete ich keinen Gedanken an eine zweite Trainingseinheit an diesem Tag:-). Meine Laufgruppe, inkl. Joe, Zach, Peter und Jared verlief sich zwar nicht, war aber immerhin vier Stunden unterwegs.. Lange plante ich, den UROC 100, einen der größten amerikanischen Ultraläufe, zu dem ich vom Veranstalter eingeladen wurde, zu bestreiten. Aber irgendwie fühlte ich mich, trotz diverser "Ultratrainings" noch nicht bereit dafür. Lieber ging ich auf "Nummer Sicher" und pacte meine Lauf-Freundin Simi beim Köln Marathon Mitte September. Mehr dazu im nächsten post. keep on running!